Können Haustiere an Covid-19 erkranken und kann man sie überhaupt testen lassen? Zwei von vielen Fragen, die wir mit Dr. med. vet. Brigitte Hentschel, Tierärztin aus München mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie, besprochen haben.
Können sich Menschen bei ihren Haustieren mit dem Corona-Virus anstecken?
Nachdem die Meldungen über mit dem neuen Coronavirus infizierte Katzen im Netz kursierten, haben sich viele Tierbesitzer Sorgen gemacht. Sie hatten Angst, sich bei ihren Haustieren mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren. Sie hatten Angst davor, diese weiterhin ins Freie zu lassen – manche hatten sogar Angst davor, sie überhaupt zu behalten. Tiere wurden im Tierheim abgegeben oder sogar ausgesetzt. Ich möchte an dieser Stelle alle Tierhalter beruhigen – solche Reaktionen sind absolut unnötig! Bitte haben Sie keine Angst. Zwar ist es richtig, dass Katzen eine gewisse Empfänglichkeit für das neue Coronavirus besitzen, jedoch erkranken sie selbst nur mild und tragen viel zu wenig von dem Virus in sich, als dass es ausreichen würde, einen Menschen anzustecken. Im Klartext – Katzen stecken sich höchstens beim Menschen an, umgekehrt ist es nicht möglich. Zumindest nicht nach dem aktuellen Kenntnisstand der Forschung.
Macht es Sinn, die eigene Katze auf Corona testen zu lassen?
Zwar bieten einzelne Labore einen Test für die Katze an, aber dieser ist wenig aussagekräftig. Speziell bei der Katze sind Coronaviren allgemein weit verbreitet. Meines Wissens kann dieser Test nicht zwischen diesen „alten“ Coronaviren und dem neuen, humanpathogenen Stamm unterscheiden. Es macht also wenig Sinn, seine Katze testen zu lassen.
Wie schützen wir unsere Tiere am besten?
Tiere können zwar selbst keine Menschen anstecken, da sie sich aber sehr wohl bei ihren Besitzern anstecken können, gibt es hier Vorsichtsmaßnahmen, die einzuhalten sind. Tierbesitzer, die positiv auf das neue Coronavirus getestet wurden, sollten allzu intensiven Kontakt zu ihren Haustieren besser vermeiden. Also kein Kuscheln mit Küsschen – und raus mit den Tieren aus dem Bett! Freigängerkatzen aus Corona-positiven Haushalten sollten besser im Haus bleiben. Ansonsten gilt auch hier die Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln, wie z.B. regelmäßiges Händewaschen. Aber auch in einem solchen Fall ist es nicht notwendig, das Tier abzugeben oder gar auszusetzen! Das möchte ich nochmals explizit betonen!
Wenn ein Haustier positiv sein sollte, was würde dann passieren?
Eine wirkliche Therapieempfehlung für Tiere gibt es nicht. Wahrscheinlich deshalb, weil nach jetzigem Kenntnisstand Haus- und Nutztiere keine relevanten Reservoire für das neuartige Coronavirus darstellen. Wenn wir rein hypothetisch sprechen: Katzen erkranken milde respiratorisch und Hunde – wenn sie überhaupt erkranken können – wahrscheinlich mit milden gastrointestinalen Symptomen. Wäre ich der behandelnde Tierarzt eines solchen Tieres, so würde ich dafür sorgen, dass ihr Immunsystem stark bleibt und sie symptomatisch behandeln. Eine Quarantäne für solche Tiere halte ich für übertrieben, da für den Menschen durch sie ja keine Gefahr besteht. Allerdings würde ich wahrscheinlich ihre Bewegungsfreiheit einschränken, bis die Krankheit vorüber wäre, um zu verhindern, dass sie andere Tiere anstecken – also Hunde an die Leine und Freigängerkatzen in den Hausarrest.
Sind Ihnen Fälle von positiv getesteten Tieren bekannt?
Nein, mir sind keine Fälle von positiven Tieren bekannt.
Wird das Thema Corona in der Tierärzteschaft diskutiert?
Selbstverständlich! Sehr intensiv sogar. Allerdings weniger hinsichtlich der Gefahren der Ansteckung von Menschen durch Tiere. Vielmehr werden organisatorische Punkte diskutiert. Pandemie hin oder her – trotzdem werden Tiere krank und der Betrieb in tierärztlichen Praxen und Kliniken muss weitergehen. Wir Tierärzte wurden schon sehr schnell nach Beginn der Pandemie als systemrelevant eingestuft – und das aus gutem Grund. Der tierärztliche Beruf ist vielfältig. Natürlich gibt es die praktischen Tierärzte in der Klein- und Pferdepraxis, die sich hauptsächlich um das Wohl der geliebten Haustiere kümmern. Aber es gibt auch Tierärzte im Nutztierbereich, die wesentlich dazu beitragen, unsere Landwirtschaft am Laufen zu halten. Es gibt Tierärzte in der Lebensmittelsicherheit, im Hygienemanagement, in der Qualitätssicherung. Tierärzte befassen sich mit der Eindämmung von Tierseuchen und Zoonosen – die Schweinepest, die Blauzungenerkrankung, die Rindertuberkulose – all diese Krankheiten machen keine Pause, nur weil wir jetzt hier Corona haben. Tierärzte spielen eine wesentliche Rolle in unserer Gesellschaft, auch wenn das wahrscheinlich die wenigsten wissen.
Wie können Tierärzte in der Corona-Krise helfen?
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel indem wir unsere Beatmungsgeräte zur Verfügung stellen – es gab dazu extra einen Aufruf der Regierung über die Tierärztekammern – oder Laborkapazitäten anbieten. Der Bund praktischer Tierärzte schätzt, dass über tiermedizinische Labore bis zu 70.000 Tests auf das neuartige Coronavirus pro Woche laufen könnten, sollte sich die Bundesregierung entschließen, auf diese Kapazitäten zuzugreifen. Aber zuallererst sind wir Ansprechpartner für die Not der Menschen. Für viele Menschen ist ein Tier nicht nur ein Tier – es ist ein Familienmitglied. Und oft auch das einzige, das sie haben. In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen, in Zeiten von Einsamkeit, ist die Sorge um ein krankes Familienmitglied eine große zusätzliche Belastung und häufig nur schwer zu ertragen. Indem wir uns um kranke Tiere kümmern, sorgen wir dafür, dass Menschen, die momentan genug Sorgen haben, sich zumindest nicht um ihre geliebten Haustiere Sorgen müssen. Wir sorgen dafür, ihnen die Einsamkeit der Isolation erträglicher zu machen. Das ist, meiner Meinung nach, von außerordentlich großem Nutzen – und definitiv systemrelevant!
Zur Person: Dr. Brigitte Hentschel ist in München als Tierärztin niedergelassen. Neben der konventionellen Medizin setzt sie auch auf Homöopathie. Warum, das sagte sie in einem Interview auf dieser Webseite vom LV Bayern: „Ich habe mich der Homöopathie zugewandt, weil ich im Laufe meiner Tätigkeit als Tierärztin in der Groß- und Kleintierpraxis immer häufiger mit Patienten konfrontiert wurde, denen ich trotz ordentlicher Diagnostik und Therapie nicht helfen konnte. Mit dieser Tatsache konnte ich mich nur sehr schwer abfinden. Es ist unglaublich befriedigend, wenn ein ´austherapiertes` Tier doch wieder gesund wird.“ Dieses Interview lesen Sie hier.