„Evidence Based Journalism — der Name überbetont, was im Journalismus selbstverständlich sein sollte: alle verfügbaren Informationen zu einer Frage sammeln, abwägen und einordnen. Leider ist diese Arbeitsweise nicht mehr selbstverständlich“, schreibt der Journalist und MedWatch-Autor Christian Honey auf seiner Webseite. MedWatch selbst ist dem Umfeld der Skeptiker-Organisation GWUP zuzurechnen. Christian Honeys Ansprüche sollten Journalisten in der Tat verinnerlicht haben, jedes Lehrbuch beginnt mit diesem Grundsatz. Wie beliebig dieser Anspruch ist, zeigt Christian Honey selbst. Er hat einen MedWatch-Artikel zum “vermeintlichen Mistel-Wunder” in Frankreich verfasst, der von Helmut Kiene, Universität Witten/Herdecke, in der Zeitschrift Forschende Komplementärmedizin Wort für Wort auseinander genommen wird – und damit der journalistischen Anspruch des Autors. Evidence Based Journalism, ein Anspruch, der sicherlich auch die Reporter und Redakteure des Beitrags im Mittagsmagazin „Was bringt Homöopathie?“ vom 24. August unterschreiben würden. Doch wurden wirklich „alle verfügbaren Informationen zu einer Frage gesammelt, abgewogen und eingeordnet“? In dem Beitrag wird nicht eingeordnet, „hier wurde gezielt gekürzt und verfälscht“, also manipuliert, schreibt Dr. med. Ulf Riker, Vorsitzender des LV Bayern der homöopathischen Ärzte.
Verlust von Anstand und Respekt
Donald Trump lügt in Serie, Vladimir Putin lässt seine Kritiker eliminieren, die AfD distanziert sich erwartbar nur halbherzig vom Sturm auf den Reichstag: fake news, Nebelkerzen und der Verlust von Anstand und Respekt sind Zeichen einer verkommenen politischen Kultur. Eigentlich möchte man öffentlich-rechtliches Fernsehen nicht in diesem Zusammenhang nennen, hätte nicht die ARD in ihrem Beitrag zur Homöopathie alle genannten „Zutaten“ in „homöopathischen“, aber gerade dadurch (!) wirksamen, Dosen übernommen.
Beispiele aus diesem Beitrag:
- Eine Apothekerin löst angeblich eine „Revolution“ aus, nimmt alle homöopathischen Arzneien aus ihrem Regal und platziert stattdessen umsatzstarke Nahrungsergänzungsmittel, die in klinischen Studien keine therapeutische Wirkung nachweisen konnten und vor denen das unabhängige „Arznei-Telegram“ bereits 2003 gewarnt hatte. Nach Meinung des Redakteurs handelt es sich aber um ein „normales Medikament“. Erster Faux pas!
- Dieselbe Apothekerin erklärt auf gezielte Nachfrage, sie habe durch ihre „Revolution“ keine Umsatzeinbuße erlitten. Dazu muss man wissen, dass den Apothekern bislang ausschließlich monetäre Interessen unterstellt wurden, wenn sie homöopathische Arzneien und eine entsprechende (kostenfreie!) Beratung angeboten haben. Aber überflüssige Vitamine kompensieren offenbar den Verlust durch Elimination homöopathischer Arzneien? Zweiter Faux pas!
- „Wenn Homöopathie einen Heileffekt hätte, dann müsste er nachweisbar sein“. Aber „die Wissenschaft ist sich einig: homöopathische Mittel sind medizinisch unwirksam“. Hoch lebe der Zirkelschluss! Und außerdem: welche Rolle spielt schon der Mensch, wenn ihm die Wissenschaft vorgibt, was sein darf und was nicht? Dritter Faux pas.
- Hahnemann habe sich vor 200 Jahren die Homöopathie „ausgedacht“, „ohne Forschung wohlgemerkt“. Das Gegenteil ist der Fall: Hahnemanns Vorgehen war induktiv: erst die forschende Naturbeobachtung, daraus resultierend die Theoriebildung. Könnte man wissen, wenn man sich mal ein paar Minuten mit dem Zeitgenossen Goethes beschäftigt hätte. Vierter Faux pas.
Natürlich ist das alles nicht zufällig oder schlecht recherchiert: die Wirkung der „homöopathisch“ verdünnten Halb- und Unwahrheiten und Nebelkerzen aus GWUP-Produktion ist erwünscht. Jedes Kind soll nachplappern können, was in dem Beitrag mehrfach vorgeplappert wird: Homöopathie wirkt nicht über den Wie-heißt-er-doch-gleich-Effekt hinaus!
Kein Wunder, wenn man sich ob solch zweifelhafter Beiträge im gebührenfinanzierten Fernsehen seine Gedanken macht:
- „Da ist es bis zum Vorwurf „Lügen-Presse“ leider nur noch ein Steinwurf“, sagt Dr. med. Claudia Rehfueß. Die Münchner Kollegin war zum Interview eingeladen, ihre Aussagen aber wurden gezielt gekürzt und verfälscht, das Statement einer ihrer Patientinnen wurde auf den Punkt der Behandlungskosten reduziert, womit sich dann das billige Motiv der „Geldschneiderei“ konstruieren lässt.
- „Auf breiter Front der Medienlandschaft wird die einhellige Meinung unhinterfragt wiedergekäut, dass man an der Homöopathie und ihren Protagonisten nichts Wirksames lassen darf, als ginge eine gesellschaftliche Gefahr von ihr aus“, so Dr. med. Jörg Haberstock aus Augsburg.
- Und noch eine weitere Frage eines Zuschauers an die Redaktion: „Wem nützt es, wenn die Homöopathie untergeht?“ und “Warum wird kein Geld investiert, um den Wirkmechanismus der Homöopathie zu erforschen, während Milliarden ausgegeben werden, um die Gravitationswellen des Urknalls zu messen und die Besiedelung des Mars vorzubereiten?“
Für alle, die jetzt den Eindruck von unfairem Journalisten-bashing haben: kritischer Journalismus ist ein hohes Gut! Allerdings muss er sich an seinen selbstgesetzten Regeln messen lassen: er sollte zu sachlicher Diskussion anregen und hierfür das Informationsmaterial liefern, aber er sollte sich nicht in Meinungsmanipulation erschöpfen. Ein positives Gegenbeispiel war der Beitrag des RBB, die „Die Wahrheit über Homöopathie“ vom 25. Mai. Geht doch!