Ein Kommentar von Dr. med. Ulf Riker, 1. Vorsitzender des LV Bayern

Unser bayerischer HNO-Kollege Lübbers ist bekennender Homöopathie-Gegner, seit er einem kleinen Kind Globuli aus einem entzündeten Gehörgang bergen musste. Inzwischen ist er auch Sprecher des Informationsnetzwerks Homöopathie (INH), und in dieser Funktion hat er in Ausgabe 9/21 des Bayerischen Ärzteblattes den „Contra“-Part zum Thema Erhalt der Zusatzbezeichnung Homöopathie verfasst. Ein aktueller Eintrag von ihm auf Twitter macht deutlich, dass es mitnichten darum geht, über Homöopathie „sachgerecht“ zu informieren und „aufzuklären“, wie es im Internetauftritt des Netzwerkes heißt.

Tweet Lübbers vom 23.9.21 15.21 Uhr:

„Homöopathie ist eine Einstiegsdroge in die Unwissenschaftlichkeit. Ablehnung der Wissenschaft ist eine Einstiegsdroge in das Querdenkertum. Querdenkertum ist eine Einstiegsdroge in den Terrorismus. Ehrliche Aufklärung kostet Wählerstimmen. Falsche Toleranz kostet Menschenleben.“

Kollege Lübbers betätigt sich hier als „Drogenspezialist“ und generiert eine vermeintliche Kausalkette, an deren Ende man implizit zu dem Schluss geführt wird, Homöopathie koste Menschenleben. Dabei ist die Verknüpfung der Teilaussagen in höchstem Masse manipulativ und polemisch, erfüllt also nicht den eigenen Anspruch einer „sachgerechten Aufklärung“, sondern ist schlicht pseudointellektuelle Pöbelei.

Denn:

▶️ Homöopathie wird wissenschaftlich begleitet und analysiert, was zuletzt auch zur Aufnahme in eine S3-Leitlinie geführt hat (1). Ohne Zweifel braucht Homöopathie aber noch wesentlich mehr Forschung und nicht weniger, wie die meisten Homöopathie-Gegner fordern.

▶️ Der DZVhÄ hat sich wiederholt sehr klar und eindeutig von Coronaleugnern, Impfgegnern oder der Querdenker-Bewegung abgegrenzt. (2) Das nicht wahrzunehmen macht deutlich, dass sich Herr Lübbers ausschließlich in seiner eigenen Homöopathie-feindlichen Blase bewegt und offenkundig keine Bereitschaft zeigt, sich mit den tatsächlichen Fakten auseinander zu setzen.

▶️ Die dritte Schlussfolgerung in der vermeintlichen Kausalkette ist schlicht infam, unkollegial und ehrenrührig. Zudem werden zahllose Patientinnen und Patienten zu Opfern des homöopathie-immanenten „Terrorismus“ abgestempelt. Das ist sowohl menschlich wie ärztlich unwürdig.

▶️ Dass ehrliche Aufklärung – in der Politik und besonders zu Wahlzeiten – Wählerstimmen kosten kann ist womöglich die einzige Wahrheit, die der Tweet des Kollegen Lübbers enthält. Dass „falsche Toleranz“ – gemeint ist vermutlich das Akzeptieren der Homöopathie als eine weltweit und seit 200 Jahren bewährte, gewünschte und vor Allem erfolgreiche Therapieform – dass also diese Toleranz Menschenleben kostet ist nicht nur absurd, sondern entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Gerade in ärztlicher Hand, also unter Beibehaltung der Zusatzweiterbildung Homöopathie in der Weiterbildungsordnung ist Homöopathie für Patientinnen und Patienten besonders sicher, weil vor allem Ärztinnen und Ärzte auf Grund ihrer akademisch-fachlichen Qualifikation in der Lage sind, die Möglichkeiten und Grenzen der Homöopathie in einem integrativen therapeutischen Gesamtkonzept zu erkennen und abzuwägen.

Der Tweet von Kollegen Lübbers zeigt im Übrigen, dass ihm und den Gegnern der Homöopathie kein noch so absurdes oder perfides Mittel zu billig ist, um ihre pseudo-skeptische Agenda auf Teufel komm raus durchzudrücken. Mit ärztlicher Kollegialität oder Respekt vor den Erfahrungen Anderer (Patienten oder Kollegen!) hat das definitiv nichts zu tun!

Die demokratisch gewählten und geschätzten bayerischen Kolleginnen und Kollegen, die als Delegierte des kommenden Bayerischen Ärztetages über den Erhalt der Zusatzweiterbildung Homöopathie abstimmen werden, sollten sich nach diesem Tweet sehr gründlich überlegen, ob sie sich vor den Karren einer Kampagne spannen lassen oder ob sie mit Respekt und Achtung ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen vertrauen und deren Wissen und Erfahrung wertschätzen.

Quellen:

  1. Die Ergebnisse bisheriger Ergebnisse aus Grundlagen- und Versorgungsforschung sowie aus klinischen wissenschaftlichen Studien lassen sich jederzeit nachvollziehen unter wisshom.de oder www.hri-research.org. Die S3-Leitlinie findet sich bei www.leitlinienprogramm-onkologie.de
  2. Auf der Seite des DZVhÄ finden sich kommentierende Erklärungen als Blog-Beiträge. Diese kennzeichnen die grundsätzliche Position des DZVhÄ-Vorstandes (siehe Juni 21: „Corona-Leugner Beitrag von Frontal 21“ und Juli 21: „ DZVhÄ zu Spaltungen in Corona-Zeiten“)