München, 17. Juni 2024. Ein Interview von Dr. Ulf Riker, Vorsitzender des LV Bayern, mit Dr.  Maria Reiser-Köhler, die seit der Mitgliederversammlung 2024 Delegierte des LV Bayern ist.

Dr. Reiser-Köhler: Bewusst mit der Homöopathie in Kontakt gekommen bin ich während der Geburt meiner 2. Tochter, als mich die Hebamme homöopathisch begleitet hat. Daraufhin wollte ich mehr wissen über diese Methode, die so wunderbar und effektvoll während der Geburt, in der Schwangerschaft und bei Babys gegeben werden kann.  Ziemlich bald habe ich dann als Studentin meinen ersten Homöopathie-Kongress besucht und bin darüber an den Arbeitskreis Homöopathie an der Universität Würzburg geraten. Diesen habe ich dann während meines Studiums mit weiterorganisiert und -geführt. Zuletzt bin ich dem Impuls einer Freundin und homöopathischen Kollegin gefolgt und spontan zur Mitgliederversammlung nach München gefahren. Zur MV zu fahren hatte für mich etwas mit Neugierde und Respekt zu tun – Neugierde, z.B. wer sind die denn alle, die da so in Bayern für die Homöopathie etwas bewegen, und Respekt für die viele Arbeit, die ehrenamtlich und nebenberuflich geleistet wird. Außerdem ist eine Mitgliederversammlung ein wesentliches Organ dafür, dass ein Verein funktionieren kann. Auf die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, Delegierte des LV BY zu werden, habe ich mit „Ja“ geantwortet und war der Meinung, dass dieses Amt sicherlich nicht an mich, sondern an die Erfahrenen unter den Teilnehmern weitergehen wird. Ich war schon überrascht, mit wie viel Vertrauen und Wertschätzung mir dieses Amt angeboten, dann auch übertragen wurde und wie dankbar alle waren, dass jemand aus den „jüngeren Reihen“ den Mut zeigt, Verantwortung mit zu übernehmen. Zukunftsfähig bleibt die ärztliche Homöopathie jedoch auch nur, wenn wir „Junghomöopathen“ Bereitschaft zeigen zur Mitgestaltung! Das versuche ich umzusetzen und hoffe, dass viele dem folgen werden.

Du bist bereits seit Längerem aktiv, und zwar im Vorstand von „Globulista“. Bitte erzähl mal kurz unseren Mitgliedern, die Globulista vielleicht noch nicht kennen, wer ihr seid und was ihr macht.

Dr. Reiser-Köhler: Globulista – Bildungsinitiative Homöopathie e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der 2009 in Dresden gegründet wurde und sich ganz der homöopathischen Aus- und Weiterbildung widmet. Globulista ist als Verein aus den Treffen („Wilseder Forum“, später in „Homöopathieforum für Studierende“ umbenannt) der homöopathischen Arbeitskreise an den verschiedenen medizinischen Universitäten, die von der Karl und Veronica-Carstens-Stiftung gefördert wurden, hervorgegangen. Einmal im Jahr wurde von den Sprechern des „Wilseder Forums“ bzw. des „Homöopathieforums für Studierende“ ein fünftägiges, homöopathisches Frühjahrsseminar organisiert, das ab 1982 von Dr. Dario Spinedi begleitet wurde und ab 1992 von Dr. Ortrud Lindemann als Hauptreferent/in begleitet wird. Seit 2011 organsiert Globulista u.a. dieses Frühjahrsseminar. Das nächste findet vom 07.-12. März 2025 zum Thema „Neurodivergenz und Muttermittel“ mit Dr. Ortrud Lindemann und Dr. Resie Moonen statt. Außerdem  liegt uns, wie dem DZVhÄ auch, der studentische Nachwuchs sehr am Herzen und so haben wir z.B. auch die Studententage in Leipzig auf dem LMHI oder in Stralsund auf der Jahrestagung organisiert. Ein Miteinander all derer und enges Abstimmen aller, die sich für den homöopathischen Nachwuchs engagieren, ist uns dabei sehr wichtig.

Welche zentralen Forderungen oder Wünsche hättest Du an den DZVhÄ bzw. auch unseren bayerischen Landesverband, um unseren ärztlichen Berufsverband gerade auch für jüngere Kolleginnen und Kollegen attraktiv zu machen? Was müsste sich ändern bzw. was sollten wir diesbezüglich besser machen?

Dr. Reiser-Köhler: Diese Frage ist sehr schwierig zu beantworten… Zum einen finde ich persönlich es sehr wichtig, dass es auf berufspolitischer Ebene eine Vertretung für die Belange der homöopathisch Tätigen gibt. Zum anderen geht zeitgleich zumindest in letzter Zeit jedoch die Weiterbildung in der Homöopathie etwas unter in dieser sehr turbulenten Zeit für die Homöopathie. Kurse finden aufgrund geringer Teilnehmerzahl nicht mehr so zuverlässig statt und man muss unter Umständen etwas weiter zu einem Kurs fahren. Eine Kooperation auch der südlichen oder einem Teil der südlichen Bundesländer für die Ausbildung fände ich sehr wertvoll!

Ein anderer Aspekt betrifft die Mitgliedsbeiträge. In meinen Augen ist es wichtig, über die eigene Mitgliedschaft die ärztliche Homöopathie zu stärken. Finanziell ist allerdings meiner Erfahrung nach ein hoher Mitgliedsbeitrag eine finanzielle Hürde, die abschreckt, gerade nach dem Studium und zu Berufsbeginn, vor allem, wenn man in Teilzeit tätig ist, auch wenn eine Reduktion auf Anfrage möglich ist. Vielleicht wäre hier auf der Homepage eine priorisierte, sichtbare Beitragsreduktion für ÄiW (Ärzte in Weiterbildung) möglich? Es gibt sie ja schon, aber sie erscheint als letztes auf der Seite für die Beiträge. Für Neumitglieder einfacher zu finden, als für bereits Mitglieder, die eine Reduktion immer wieder anfragen müssen…

Wenn ich die Weiterbildungsangebote für ÄiW betrachte, die mich über die DEGAM, den Bayrischen Hausärztebund, die JADE (Junge Allgemeinmediziner Deutschlands) oder auch im Studium über die medizinischen Fachschaften etc. erreichen, würde ich mir wünschen, dass eine stärkere Vernetzung mit all diesen Strukturen möglich ist, auch wenn manche dieser Gesellschaften, Ärztebünde oder Einrichtungen oft eine starke anti-homöopathische Einstellung haben. Vielleicht auch (wieder) mehr Präsenz auf Fremdkongressen?

Ansonsten darf ich die Bemühung des LV Bayern und des DZVhÄ auch mal loben! Ich sehe und bekomme mit, mit wie viel Herzblut aktuell und immer wieder Projekte für die Homöopathie und den Nachwuchs auf die Beine gestellt werden! Einige Ärztinnen und Ärzte bemühen sich sehr, Studierende für Praktika und Famulaturen zu erreichen und zu gewinnen! Auch auf berufspolitischer Ebene ist tolles Engagement sichtbar, wobei der Homöopathie mit der letzten Petition auch gewaltig der Rücken gestärkt wurde!

Du bist auch Mutter von 4 Kindern, dazu kommt noch eine Familie und ein Hund. Woraus schöpfst Du Deine Energie, Dich in besonderer Weise für die ärztliche Homöopathie zu engagieren?

Dr. Reiser-Köhler: Homöopathie und konventionelle, leitliniengetreue Medizin lassen sich wunderbar zum Wohle der Patienten kombinieren. Einer homöopathischen Anamnese und Verschreibung folgt ganz oft eine besondere Dankbarkeit der Behandelten, die aufatmen, dass sich jemand Zeit nimmt, den Ursachen ihrer akuten wie chronischen Beschwerden auf den Grund zu gehen. Für mich ist die Homöopathie eine Möglichkeit, nicht Symptome zu behandeln, sondern den Menschen dahinter zu sehen und ihn auf seinem individuellen Gesundungsweg zu begleiten – das gibt mir sehr viel zurück! Meine Familie steht in Bezug zur Homöopathie voll und ganz hinter mir und auch unsere Hündin lässt sich gut homöopathisch behandeln, das stärkt mich natürlich! Bei all diesen persönlichen Erfahrungen ist es meiner Meinung nach jedoch auch sehr wichtig, dass die Homöopathie zugänglich bleibt für die Studierenden und alle Kolleginnen und Kollegen, die sich dafür interessieren und tiefer – vielleicht auch gestaffelt tiefer – einsteigen möchten. Mir ist es ein großes Anliegen, dass dies erhalten bleibt! Zudem finde ich den kollegialen Austausch unter homöopathischen Kolleginnen und Kollegen nicht nur kraftspendend, sondern finde es essentiell, dass es auch Möglichkeiten und Plattformen dafür gibt. Wir tragen so weiter, was wir gelernt und dann selber erfahren haben. Damit erhalten wir die Zukunft der Homöopathie – das ist Arbeit, aber dafür setze ich mich ein!

Liebe Maria, herzlichen Dank für Deine Gedanken und Dein Engagement!